Wer Alice im Wunderland kennt, erinnert sich an die Szene: Alice folgt dem Kaninchen, fällt tief, tief hinab und landet in einer Welt, in der die bekannten Regeln nicht mehr gelten.
Genau das passiert, wenn wir beginnen, ganzheitlich zu denken. Wir verlassen die lineare Logik von „Symptom – Gegenmittel – fertig“ und betreten einen Raum, in dem Zusammenhänge sichtbar werden, die wir sonst übersehen hätten. Körper, Psyche, Verhalten, Biochemie und Energiesystem sind keine getrennten Räume, sondern wie verschlungene Gänge in einem Kaninchenbau: sie verzweigen sich, treffen aufeinander und erzählen gemeinsam die eigentliche Geschichte.
In diesem Blogbeitrag nehme ich dich am Beispiel von Schultern und Nacken, bei Mensch und Hund, mit in meinen Kaninchenbau. Wir gehen Ebene für Ebene und schauen, welche Botschaften, Verbindungen und Chancen sich zeigen, wenn wir genauer hinsehen.
Schmerz ist kein Zufall und auch kein reiner „Fehler“ des Körpers. Er erfüllt eine klare Funktion: Er schützt vor fortgesetzter Überbeanspruchung, zwingt zum Rückzug und gibt Raum für Regeneration.
Natürlich soll kein Hund Schmerzen haben. Dennoch kann es Situationen geben, in denen es hilfreich ist, Schmerz nicht sofort vollständig auszuschalten. Ein Beispiel: Ein Junghund mit einer Verletzung. Würden wir den Schmerz komplett nehmen, würde er sich womöglich weiterhin ungebremst belasten und die Heilung verzögern oder verschlimmern.
Hier kann ein sanftes Vorgehen sinnvoll sein: zum Beispiel mit Immortellenhydrolat (Helichrysum italicum). Es enthält neben Monoterpenen, Monoterpenolen und Sesquiterpenolen auch Diketone und zwar im Hydrolat sogar noch stärker als im ätherischen Öl. Diese Stoffe wirken hämatomauflösend, zellregenerierend, lymphflussfördernd, entzündungshemmend und psychisch ausgleichend. Ein Hydrolat kann den Schmerz mildern, ohne ihn völlig zu unterdrücken und gleichzeitig seelische Prozesse anstoßen.
Dabei gilt es, achtsam zu sein: Immortelle kann alte Traumata „antriggern“. Stichwort „Nackenschläge“ körperlich wie emotional. Hier zeigt sich schon: Ein naturheilkundliches Mittel wirkt nicht nur auf der körperlichen Ebene, sondern berührt auch seelische Schichten.
Gehen wir weiter in den Kaninchenbau, stoßen wir auf die Wechselwirkungen zwischen Körper und Emotion.
Psychosomatisch: Gefühle können den Körper schwächen. Stress schlägt auf den Magen, Trauer auf das Immunsystem.
Somatopsychisch: Körperliche Beschwerden verändern das Verhalten. Schmerzen machen gereizt oder ziehen uns zurück, Mangelzustände äußern sich in Unruhe oder Nervosität.
Die Schultern sind dafür ein Paradebeispiel. Sie tragen, ertragen, geben den Armen Bewegungsfreiheit und geraten dabei ständig in den Konflikt zwischen größtmöglicher Beweglichkeit und Stabilität. Kein Wunder, dass sie auf emotionale Lasten so empfindlich reagieren.
Die Symbolik unterstreicht das: „Eine Last schultern“, „sich etwas aufladen“, „die Schultern hängen lassen“. Körper und Sprache spiegeln einander, und beides beeinflusst unser Verhalten ebenso wie das Verhalten unserer Hunde.
Hunde sind Meister darin, feinste Veränderungen zu lesen: eine minimale Schulterbewegung, ein angespanntes Nackenband, die Art, wie wir atmen. Sie reagieren nicht nur auf Worte, sondern vor allem auf unsere Haltung.
Verspannte Schultern signalisieren oft Unsicherheit oder Druck. Viele Hunde reagieren mit Gegenanspannung: Ziehen an der Leine, Bellen, Meideverhalten.
Lockere, offene Haltung wirkt wie ein Einladungssignal: Sie fördert Orientierung und Entspannung beim Hund.
Auch Ausrüstung spielt hinein: Ein zu enges Geschirr im Schulterbereich oder ständiger Leinenzug belasten nicht nur körperlich, sondern beeinflussen auch Verhalten.
Dazu kommt: Schmerz oder Verspannung beim Hund selbst verändert sein Verhalten, vom Rückzug bis hin zu Gereiztheit. Und umgekehrt wirkt unser Zustand unmittelbar auf ihn zurück. So entsteht eine wechselseitige Co-Regulation: Entspannt sich einer, kann auch der andere loslassen.
Noch eine Ebene tiefer öffnet sich der Gang in Richtung Chakren und Nervensystem. Die Schultern und der Nacken gehören zum Bereich des Kehlkopf-Chakras (Vishuddha).
Dieses Chakra steht unter anderem für Kommunikation, Ausdruck, mentale Kraft. Ist es im Gleichgewicht, sind Offenheit, Klarheit und Konzentration spürbar. Gerät es aus der Balance, können Themen wie Blockaden im Selbstausdruck, innere Unruhe oder Anspannung auftreten.
Auch die Spinalnerven zeigen spannende Verbindungen: In Höhe jedes Wirbels tritt ein Spinalnervenpaar aus dem Rückenmark aus. Das Ganglion cervicale superius verknüpft die Halswirbel C1–C3 mit der Schilddrüse über die Arteria carotis communis. Damit haben wir eine direkte Achse zwischen Wirbelsäule – Nervensystem – Hormonsystem.
Was oberflächlich wie eine „normale Verspannung“ wirkt, kann also, bei Mensch und Hund, hormonelle Prozesse, Stoffwechsel und sogar Verhalten beeinflussen.
Wenn wir all diese Wege im Kaninchenbau verbinden, wird klar: Die Schulter ist eine Brücke.
Körperlich: Sie balanciert Beweglichkeit und Stabilität.
Emotional: Sie trägt und spiegelt Lasten.
Energetisch: Sie verbindet Nerven, Kommunikation und Hormonsystem.
Symbolisch: Sie taucht in Redewendungen auf, die unsere inneren Zustände sichtbar machen.
Verhaltensbiologisch: Hunde lesen unsere Schultern sofort, ob wir offen und entspannt oder angespannt und unsicher sind.
Im klassischen medizinischen Denken suchen wir schnelle Lösungen: Wärme, Schmerzmittel, vielleicht auch ein pflanzliches Präparat. Doch egal ob synthetisch oder pflanzlich, solange wir nur Symptome behandeln, bleibt die Ursache unberührt.
Ganzheitliches Denken geht den Kaninchenbau hinab:
Körperlich: Schmerz als Signal begreifen und achtsam begleiten.
Emotional: Lasten erkennen, Traumata berücksichtigen.
Energetisch: Nerven, Hormonsystem und Kommunikation einbeziehen.
Symbolisch: Die Sprache des Körpers ernst nehmen.
Verhaltensbiologisch: Mensch und Hund als Einheit im Blick behalten.
Naturheilkundliche Mittel entfalten ihr volles Potenzial erst, wenn wir diesen Weg auch wirklich gehen. Denn sie wirken nicht isoliert, sondern sind Brücken zwischen den Ebenen. Wer nur nach einem Mittel im Buch oder Internet sucht, bleibt an der Oberfläche. Wer aber den Kaninchenbau mit all seinen Gängen durchschreitet und das „Dahinter“ versteht, kann Naturheilkundliches so einsetzen, dass es den ganzen Organismus und die Beziehung zwischen Mensch und Hund stärkt.