Es gibt Themen, bei denen unsere Hunde vermutlich sehr klare Worte finden würden, wenn sie denn sprechen könnten. Die innerliche Anwendung ätherischer Öle gehört für mich ganz eindeutig dazu.
Diese neue Serie soll Raum geben für Fragen, kritisches Hinterfragen und echte Aufklärung, fernab von Verkaufsdruck oder Halbwissen. Denn in den letzten Jahren habe ich nicht nur fundiertes Fachwissen gesammelt, sondern auch Erfahrungen gemacht, die mich geprägt haben. Was ich hier teile, soll dir auf deinem eigenen Aromapfad mit Hund Orientierung geben.
In der Welt der ätherischen Öle begegnen uns viele Empfehlungen, manche wohldurchdacht, andere leider ziemlich riskant. Besonders bei der Anwendung am Hund gerät schnell etwas aus dem Gleichgewicht: zu hohe Dosierungen, zu starke Reize oder sogar der Ratschlag, ein ätherisches Öl innerlich zu geben. Doch genau das kann ernsthafte Folgen haben.
Was ist eigentlich das Problem mit der innerlichen Anwendung?
Ätherische Öle sind keine harmlosen Pflanzenwässerchen. Sie entstehen durch aufwändige Destillation oder Pressung und enthalten die konzentrierte Kraft vieler Kilogramm Pflanzenmaterial. Ein einziger Tropfen kann mehrere Hundert Wirkstoffe enthalten.
Diese hochwirksamen Substanzen gelangen bei der innerlichen Anwendung direkt in den Verdauungstrakt und von dort aus in den gesamten Organismus. Was dabei im Körper des Hundes genau geschieht, ist allerdings nicht abschließend erforscht.
Und genau darin liegt das Problem:
Die Stoffwechselprozesse bei Hunden unterscheiden sich teils erheblich von denen beim Menschen und wir wissen schlicht noch zu wenig, um verlässliche Aussagen über Sicherheit und Verträglichkeit zu
treffen. Was einem Menschen gut bekommt, kann für den Hund unverträglich oder sogar schädlich sein.
Ein bekanntes Beispiel sind Katzen: Bei ihnen ist belegt, dass sie viele Stoffe aus ätherischen Ölen nicht abbauen können und bereits
kleine Mengen ernsthafte Folgen haben können.
Warum also ein unnötiges Risiko eingehen?
Reizungen der Schleimhäute, Magen-Darm-Beschwerden oder sogar Belastungen für Leber und Niere sind reale Risiken auch wenn sie nicht sofort sichtbar werden.
Wissen schützt – Ausbildung allein reicht nicht
„Aber ich habe doch eine Aromatherapie-Ausbildung gemacht“ diesen Satz höre ich oft, wenn ich auf die Risiken der innerlichen Anwendung hinweise.
Natürlich ist es gut, sich weiterzubilden. Doch nicht jede Ausbildung vermittelt fundiertes, unabhängiges Fachwissen und nur selten werden Spezifika wie Speziesunterschiede oder Stoffwechselbesonderheiten beim Hund ausreichend behandelt. Oft bleibt es bei allgemeinen Empfehlungen und manchmal fließen sogar Marketinginteressen ein.
Ein häufiges Problem: Viele der heute gängigen Ausbildungen orientieren sich stark an der Anwendung beim Menschen, nicht unbedingt, weil das falsch wäre, sondern weil es für Hunde schlicht deutlich weniger Forschung gibt.
Dennoch gilt: Ohne ein solides Verständnis der Anatomie und Physiologie des Hundes sollte keine Anwendung empfohlen werden, schon gar nicht
innerlich. Denn was beim Menschen gut verträglich scheint, kann beim Hund völlig anders wirken.
Selbst Fachliteratur ist nicht immer eine verlässliche Quelle, wenn sie ohne genaue Quellenangaben oder ohne differenzierte Risikoabwägung arbeitet.
Gerade die innerliche Anwendung erfordert detailliertes Wissen über Wirkstoffe, Stoffwechselwege und mögliche Wechselwirkungen.
Die vorhandene Datenlage macht es selbst erfahrenen Tierärzt:innen oft schwer, Risiken verlässlich einzuschätzen, vor allem, wenn Studien fehlen oder nur aus dem
Humanbereich vorliegen.
Die Aussage „es hat meinem Hund aber gutgetan“ ersetzt keine fundierte Prüfung. Denn was subjektiv hilfreich erscheint, kann im Körper trotzdem Schaden anrichten, manchmal sogar erst mit zeitlicher Verzögerung.
Nächster Teil der Serie:
Zwei persönliche Erfahrungen, die meine Sichtweise auf die innere Anwendung dauerhaft verändert haben – bei meinem Hund und bei mir selbst.